Die Geschichte des Nationalparks Gran Paradiso ist mit dem Schutz der Steinböcke untrennbar verbunden. Bereits im Jahr 1856 hatte König Vittorio Emanuele II diese Berge yzum Königlichen Jagdrevier erklärt; somit wurde der Steinbock, dessen Anzahl damals alarmierend sich reduziert hatte, aus dem Aussterben gerettet.
Der König hatte auch ein spezialisiertes Wachkorps gegründet und liess Wege und Saumpfade bauen, die immer noch das Rückgrat der zum Wildschutz von den Parkwächtern begangenen Wege sind, und zudem den Kern der heutigen Wanderwege bilden.
Im Jahre 1919 erklärte sich König Vittorio Emanuele III bereit, dem italienischen Staat die 2100 Hektar des Jagdreviers unter der Bedingung zu verschenken, dass ein Nationalpark entstehe. Am 3. Dezember 1922 wurde als erst in Italien der Nationalpark Gran Paradiso gegründet. Das geschützte Gebiet wurde bis 1934 durch eine Kommission verwaltet.
Es waren gute Jahre für den Park: Die Steinbockanzahl nahm stark zu, und 340 Km von königlichen Saumpfaden wurden wieder instandgesetzt. Während dieser Jahren wurden aber die ursprünglichen Grenzen zurückgesetzt und grosse Wasserkraftwerke im Orcotal gebaut.
Die folgenden Jahre, in denen das Schutzgebiet direkt durch das Landwirtschafts- und Forstministerium verwaltet wurde, wurden die dunkelsten: Die Entlassung der örtlichen Parkwächter, militärische Manöver im Park und der Zweite Weltkrieg liessen die Anzahl von Steinböcken zu nur 416 sinken. Es war dank der Hartnäckigkeit und des Engagements des ausserordentlichen Kommissars Renzo Videsott, dass der Park sich erholte und der Steinbock vor dem Aussterben sich rettete: Dank dem Dekret De Nicola wurde die Verwaltung des Naturschutzgebietes am 5. August 1947 schliesslich einer unabhängigen Behörde übertragen.
Die sechziger und siebziger Jahre waren Jahre der grossen Konflikte und Missverständnisse zwischen dem Park und der lokalen Bevölkerung, die sich durch das geschützte Gebiet zu eingeschränkt hielt. Später Zeit hat die Bevölkerung zu begreifen begonnen, dass der Park auch eine Chance für die Wiederbelebung und Entwicklung der Täler sein konnte, und heutzutage arbeiten lokale Behörden und der Park eng miteinander an mehreren Projekten.
Der Nationalpark hat inzwischen eine enge und fruchtbare Zusammenarbeit mit dem angrenzenden französischen Nationalpark Vanoise mit dem Ziel eingeleitet, ein grosses Naturschutzgebiet in Europa zu verwirklichen.
Schon seit der Nachkriegszeit hat der Park ein besonderes Augenmerk auf die wissenschaftliche Forschung gelegen. Ab den fünfziger Jahren wurden in der Wissenschaftsreihe des Parks die ersten Untersuchungen herausgegeben, die grösstenteils von Forschern der veterinärmedizinischen Fakultät Turin durchgeführt waren. Es sind Untersuchungen über die Fauna, die Physiologie des Winterschlafes des Murmeltieres, die Geschichte des Steinbocks, die Essgewohnheiten des Fuchses und die Flora in dem geschützten Gebiet. Besonders reich sind die veröffentlichten Forschungen über Anatomie und Pathologie des Steinbocks und der Gämse, die dank dem Einfluss des damaligen Direktors Renzo Videsott, Tierarzt und Dozent an der veterinärmedizinischen Fakultät Turin durchgeführt wurden.
Damals hatte der Park hatte keine Ressourcen, um Forschungen zu finanzieren, doch investierte er in die Herausgabe von Forschungsergebnissen, sodass eine Wissenschaftsreihe entstand, die heute ideell mit den Veröffentlichungen im Zusammenhang mit dem "IBEX-International Journal of Mountain ecology" fortgesetzt werden. In den letzten Jahren konnte der Park trotz der begrenzten Ressourcen umfangreich in die wissenschaftliche Forschung investieren; so konnte er vielen nationalen und internationalen Forschern die Möglichkeit anbieten, wichtige Beiträge zur Kenntnis der Öko-Ethologie der vielen geschützten Arten zu erstellen (Steinböcke, Gämsen, Murmeltiere, Alpendohle, kleine Säugetiere, Käfer, usw.).